HeiligScheiniges bei Kemenski

Bei Baltes bleibt Kunst nicht brotlos

Allgemeine Zeitung Mainz 08.10.2010 – MAINZ

(AW). Kunst kennt keine Grenzen, selbst Toast muss dran glauben. Der nämlich hält als Mal- und Zeichengrund für die Heiligen, Scheinheiligen und Heiligenscheinigen des rheinhessischen Künstlers Jörg Baltes in der Ausstellung „Back S Tage“ in der Gonsenheimer Galerie Kemenski & Ich her. Konserviert und hinter Glas versteht sich, denn dem Werk droht sonst nicht nur eine unbeabsichtigte grüne Farbkomponente durch Schimmelbefall, sondern baldigste Vergänglichkeit.

Toast als Malgrund mit vielerlei Motiven

Was Beuys sein Fett, ist Baltes sein Toastbrot, säuberlich vom Rand getrennt und mit vielerlei Motiven zum Kunst tragenden Medium erhoben. Künstler mit Lebensmitteln spielen zu sehen – eine Provokation?

Das kann man sich heute kaum mehr vergegenwärtigen und auch Großmutters erhobener Zeigefinger: „Mit Essen spielt man nicht“ ist kein Argument gegen die Freiheit künstlerischen Ausdrucks. Diesen lässt sich der für die Satire bekannte Zeichner Baltes, der wie er sagt, nach 13 Jahren brotlosen Zeichnens, endlich den Ausbruch in die Freie Kunst geschafft hat, denn auch nicht mehr beschränken.

Baltes Schaffen macht vor nichts halt, auch nicht vorm Katholizismus. So tritt denn auch bei inhaltlicher Betrachtung seiner Toastbrotkunst plakativ ein religionskritisches Moment in den Vordergrund. Der gekreuzigte Erlöser reckt seinen geschundenen Toastbrotlaib aus fluoreszierendem Bildgrund, aus einem Bischof wird ein Glaubenskrieger mit angelegtem Maschinengewehr und Mutter Marias mild lächelndes Antlitz blickt leicht schrundig aus den groben Poren des gehärteten Teigmantels. So sarkastisch, so hintersinnig, so tragisch-komisch und mit so großer Lust boshaft austeilend, das ist Jörg Baltes, einer der vielseitigsten Künstler Rheinhessens.

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